Schönes zum Frühstück

stilleben 04 Photography Dreams | obscura photographs - Stilleben - Blumenvase Fotografie

Schönes zum Frühstück

// von Melanie Schulz | 09.07.2024

Ich schlage meinen liebsten Fotoband auf: Santiago. Es fallen belichtete Fotopapiere mit Blumenvasen-Stilleben heraus, die ich selbst mit einer Camera Obscura aufgenommen habe.

Beerenmüsli und frisch gemahlener Kaffee aus meiner Lieblingstasse, dazu tanzende Luft über dem Frühstückstisch, angestrahlt von vormittäglichen Sonnenstrahlen.

Himbeersamen kauen

Ich beiße auf ein paar sauren, später bitteren Himbeersamen herum und freue mich an dem Sammelsurium auf unserem alten Holztisch: Federn, die ich in selbstgetöpferten Tonschalen aufbewahre, ein Olivenzweig –  Symbol des Friedens, allerlei Muscheln und Meeresschnecken von Nord- und Südstränden, ein getrockneter Seestern, Perlen aus Rosenquarz, gesammelt in einer Austernschale, eine Sukkulente, die ich in ein lilafarbenens Kristallglas gepflanzt habe, eine Kerze, die von einer alten Portweinflasche tropft.

Santiago

Mein Blick verfängt sich im Bücherregal gegenüber, das inzwischen mit einer beträchtlichen Zahl schöner Fotobücher gefüllt ist. Ich fische Santiago. Eine Pilgerreise in Bildern der Camera Obscura von Sven Nieder heraus. Es ist mein erstes Fotobuch, das ich gekauft habe, und für mich gibt es bis heute kein schöneres. Ich streiche über den roten Halbleinen-Einband und freue mich an den von der Zeit verwischten Wolken über taunassem Gras und einem geköpften Wegeskreuz auf dem Titelbild.

Stilleben

Beim Aufschlagen fallen mir einige entwickelte Fotopapiere entgegen: eigene Versuche mit der Lochkamera. Sie zeigen Stilleben mit Blumenvasen. Ich habe sie mit einer selbstgebastelten Pappschachtelkamera aufgenommen. Immer wieder möchte ich hier fotografisch anknüpfen, da ich die traumhaft-weiche Bilderwelt der Camera Obscura sehr schätze. Würde sie nicht ohne den Blick durch den Sucher auskommen, nachdem es mich so sehr dürstet. Dennoch fasse ich erneut einen Vorsatz…

Reisen mit Bildern der Camera Obscura

Nach lustvollem Herumblättern mache ich mich wie schon so oft ein weiteres Mal mit Sven Nieder auf den Weg von St.-Jean-Pied-de-Port bis nach Santiago und weiter nach Finis Terrae. Ich freue mich an den Schneelandschaften in wasserdampfgetränkter Luft, an den dicken taunassen Schneeschichten und den mit Frost überzogenen Wiesen, winterharter Erde. Den ersten Olivenbäumen, weißen Dörfern, ungewöhnlichen Perspektiven. Wegesrändern, Schneeblumen, Lichtreflexen und Schlammschichten. Pilgerunterkünften, verschwenderisch blühenden Mandeln, knorrigen Bäumen und Felsen. Kathedralen, Pilgerkreuzen, einer friedlich schlafenden Taube auf einem Kirchturm. Städten im Regen, morgendlichen Nebellandschaften. Gehöften, Ruinen, alten Friedhöfen, Pilgermuscheln, Bogenbrücken, Moosen, Flechten, Baumblüten, Sonnenaufgängen, Maisspeichern, Kohlpflanzen, Schluchten, Einsiedeleien. In Stein gemeiselten Heiligen. Und am Ende an einem Meer, das an das wogende Plastikfolienmeer von Jim Knopf und Lukas, dem Lokomotivführer, erinnert.

Besser als perfekt!

Eine Feier des Ungewissen und Unperfekten, bewegend, atmosphärisch, poetisch und unglaublich schön!

Melanie Schulz
1 KOMMENTAR
  • Barbara Klemm im Kunstturm Mücke | Photography Dreams
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