Sehnsucht nach dem Sommer
// von Melanie Schulz | 07.10.2024
Und schon ist es passiert, der Herbst hat uns eingeholt. Grund genug, noch einen letzten sehnsuchtsvollen Blick auf den Sommer und die Opalküste zu werfen.
Schließlich wurde die Idee für eine Reise an die Opalküste in der dunklen Jahreszeit vor vielen, vielen Jahren geboren. Alle Sehnsucht galt damals dem französischen Atlantikmeer, dem Fischerboot der Abendstunden, den gewaltigen Dünenbergen und – zwischen Sand und Pinien – der Muschelbar dahinter. Was also lag näher, als eine Kurzreise an die wilde Kanalküste im äußersten Nordosten Frankreichs zu unternehmen, also dorthin, wo der französische Atlantik oder zumindest der Kanal am nächsten liegen? Und so fand ich kurze Zeit später einen Michelin-Reiseführer für die Region Flandern, Picardy und Paris in englischer Sprache unter dem Weihnachtsbaum. Auf Deutsch gab es damals kaum Reiseliteratur zu diesem jenseits von NRW noch heute in Deutschland recht unbekannten Küstenabschnitt Flanderns. Auch in dem 26:12 Format des Touristenführers (und damals gab es noch keine Smartphones) sind die für uns relevanten Passagen extrem kurz.
Cremige Wellen
So umfasst das Kapitel La Côte d’Opale keine zwei Seiten. Es heißt darin, dass sich diese von der belgischen Grenze bis an die Somme-Mündung erstreckt. Der Name soll sich von der cremigen Farbe der Wellen ableiten, die dort an die Küste schlagen, der spektakulärste Küstenabschnitt befindet sich zwischen Boulogne und Calais. Hier säumen anmutige Klippen die Hügel des Boulonnais, unterbrochen von kleinen Dünentälern. Die Sockel der Klippen werden von einer starken Nord-Süd-Meeresströmung stetig angegriffen und abgetragen. Und so heißt es: Sammeln, was gesammelt werden muss, das zerborstene Gestein ebenso wie die schönen Gezeitenmuscheln.
Weiße und graue Nase
Zwei Kaps bestimmen die Region: das Kap Weise Nase und das geologisch ältere Kap Graue Nase. Deshalb wird der Landstrich im engeren Sinne Zwischen-den-zwei-Kaps (Entre-les-deux-caps) und im weiteren Sinne die Gegend der zwei Kaps – Site des deux Caps genannt.
Pastellweiß bis opalgrün
Warum wir dann allerdings doch gezögert haben, ich weiß es nicht. Wahrscheinlich haben wir dem Kanal einfach nicht so viel Schönheit zugetraut. 30 Jahre später dann aber endlich stürmische Vorfreude. Und als wir da sind, können wir kaum glauben, dass wir so lange gewartet haben. Unsere Erwartungen werden um so vieles übertroffen: Hohe Kalkklippen mit Feuerstein gebändert, dazwischen die Buchten der Flussmündungen mit wunderschönen Dünen, weite Strände, die bei Niedrigwasser extrem breit werden, schöne Badeorte mit Belle-Époque-Villen und blau-weißen Strandhütten. Beim Baden Seehunde, die mit etwas Glück ganz nah zum Schwimmenden Ihre Bahnen ziehen. Und auch die Dünen der Slackmündung bei Wimereux sind etwas ganz Besonderes. Sie zählen nämlich zu den größten Dünengebieten Nordfrankreichs. Dazu ein unglaublich schönes Licht, das Meer, Felsen und Küste in flimmernde Pastelltöne taucht…
Mehr Bilder von der wunderschönen Opalküste gibt es in den Beiträgen Seegang und Das Meer.