Vom Meer herangespült und dann zusammengeweht

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Vom Meer herangespült und dann zusammengeweht

// von Melanie Schulz | 25.05.2024

Der feinkörnige Sand, der die wunderschöne Insel Juist bildet, wurde zunächst von der aus Westen kommenden Meeresströmung abgelagert und dann von den Westwinden zusammengeweht. Auf der Nordseite säumt die Insel ein traumhafter, 17 Kilometer langer, weißer Sandstrand, der viel Bergkristall und kalkreichen Muschelbruch enthält.

Die friesischen Düneninseln wandern und bilden sich stetig neu. Grund genug für ein wenig Meeresgeologie:

Und die startet für die Insel Juist vor wenigen tausend Jahren. Doch gehen wir noch etwas weiter zurück bis ans Ende der Eiszeit, das war vor circa 10 000 Jahren. Damals lag nämlich das Küstengebiet der Nordsee mindestens 30 Meter höher als heute. Die gesamte südliche Nordsee war Festland und wurde von einem mächtigen Strom – der Fortsetzung der Elbe – durchflossen. Dieser mündete einst zwischen Schottland und Norwegen ins Meer. Den englischen Kanal gab es noch nicht, England war mit dem europäischen Festland fest verbunden.

Das Litorina-Meer

Vor 6 000 bis 7 000 Jahren kam es dann aber zu einer großflächigen Senkung, der sogenannten Litorinasenkung. Diese reichte von Flandern bis Ostpreußen und nach Skandinavien hoch. Nord- und Ostsee – letztere war bislang ein abgeschlossenes Süßwasserbecken – verschmolzen. Nachdem die Senkung vollendet war, lag das Gebiet der heutigen ostfriesischen Inseln etwa 20 bis 25 Meter unter dem Meeresspiegel. Und: die Verbindung Englands mit dem Festland hatte aufgehört. Die Nordsee trat durch den Kanal in unmittelbare Verbindung mit dem Ozean.

Sande aus Belgien und Nordfrankreich

Eine starke von West nach Ost gerichtete Strömung begann sich zu entwickeln. Das Meer griff mit flachen Buchten weit in das Land hinein. Auf der anderen Seite entwickelten sich aus dem Meer flache Geestinseln heraus, während unter dem Einfluss der Gezeiten eine kräftige Landbildung einsetzte. In den Flussmündungen setzte sich Schlick ab, weiter nach See wurden unendliche Sandmassen abgelagert, die durch die Strömung immer aufs Neue von Westen her herangeschafft wurden. Wahrscheinlich stammen die Sandmassen aus dem belgisch-nordfranzösischen Gebiet. So entstand vor der Küste eine breite Sandzone etwa bis zur fünf Meter Tiefenlinie.

Eine ausgedehnte Sandplatte

Dann folgte ein rasches Absinken des Meeresbodens bis zu zehn und mehr Metern Tiefe, worauf die marinen Sande eine ausgedehnte, völlig ebene Platte bildeten. Diese wurde mal durch Ems und Weser dann aber auch durch Strömungsrinnen gegliedert, die sich in Folge von Ebbe und Flut gebildet hatten. Auf diesen Sanden haben sich schließlich die ostfriesischen Inseln gebildet.

Dünen zusammenwehen

Denn jetzt setzte die Arbeit des Windes ein, der den Sand zu kleinen, aber schon bald sich stark vergrößernden Dünen zusammenwehte. Diese wurden schnell von Pflanzen besiedelt und dadurch festgelegt. Sind die Dünen erst einmal geschlossen besiedelt, bilden sie einen natürlichen Schutz bei Stürmen.

Noch immer im Entstehen und Vergehen begriffen

Und auch heute noch wandern unsere Inseln auf dieser Sandplate von West nach Ost. Am Westende finden aufgrund der Strömung und der westlichen Winde Zerstörung und Abtragung statt, während sich die Sande auf der Ostseite ablagern und die Inseln dort Zuwächse verzeichnen. Die Winde sorgen für die Strandversetzung an der Küste sowie die Dünenbildung und –wanderung.

Auf Meeressand und Muschelfeldern gebaut

Die Sandplate selbst reicht bis zu 20 Meter Tiefe hinunter auf den Meeresboden und ist aus Meeressand aufgebaut. Dieser ist ein mittel- bis feinkörniger, kalkhaltiger Sand, der mehr oder weniger reich an Schalen und Gehäusen von Meeresmuscheln und Schnecken ist. Mal sind sie zu ganzen Muschelbänken gehäuft, bald treten sie nur vereinzelt auf, ähnlich wie dies auch auf der heutigen Oberfläche der Sandplate der Fall ist. Besonders wenn der Wind lange Zeit über die Sandplate hinweggeweht und viel feinen Sand hinwegführt, entstehen auf ihrer Oberfläche große Muschelfelder, unter denen die Schalen der Herzmuschel, der Miesmuschel, der Sandmuschel, der Austern- und der Tellermuschel sowie der Bohrmuschel und der Scheidemuschel, aber auch die Gehäuse des großen Wellhorns und der Strandschnecke besonders häufig sind. Außerdem werden bevorzugt bei starken Stürmen Massen von Algen und Tangen, Schwämme, Quallen, Seesterne, Seeigel, Ballen von Wellhorneiern, Schülpe von Tintenfischen und vieles mehr ausgeworfen und auf der Sandplate ausgebreitet.

Bergkristall, Kalk und Glaukonit

Die Sandkörner an sich sind gerade einmal zwischen 0,1 und 0,2  Millimetern groß. Gröbere Bestandteile über einen Millimeter fehlen völlig darin. Der feine Meeressand besteht beinahe vollkommen aus Quarz, nur etwa zwei Prozent andere Mineralien sind darin enthalten. Hierzu zählen die kalkigen Muscheltrümmer und das grünblaue Schichtsilikat Glaukonit.

Die schönste Sandbank der Welt

Juist ist mit ihren 15,5 Kilometern die längste der ostfriesischen Düneninseln. Die marinen Flugsande formen das Zauberland Juist stetig neu und haben so die schönste Sandbank der Welt geschaffen: einen unglaublich weissen Strand gesäumt von schäumender Gischt und heranrollenden Wellen. Dazu Strandläufer, Silbermöwen, blaue Nesselquallen, Strandkrabben und schläfrige Seehunde – immer wieder magisch.

Weitere Juist-Bilder gibt es in dem Beitrag Mondstaub.

Melanie Schulz

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