Farben des Südens
// von Melanie Schulz | 19.11.2024
Ob Vaison-la-Romaine oder Nyons, im französischen Süden ist ein Markt schöner als der andere.
Endlich wieder die Farben des Südens atmen, riechen, sehen und schmecken. Als saftiges Obst und Gemüse feilgeboten, hinzu gesellen sich die blassen Farben des kostbaren Olivenöls, die von Kräutern und feurigen Gewürzen, von Käse und dunklem Wein. In der Provence dürfen außerdem Lindenblüten und Lavendel, Seifen, Parfums und Kräutersäckchen nicht fehlen, weitere starke Farben liefern provenzalische Stoffe und Webwaren, Teppiche und feinmodellierte Töpfereien. Wir haben uns diesmal gleich zweimal ins bunte Treiben der Straßen, Gassen und Plätze geworfen: in Vaison-la-Romaine und in Nyons.
Weißbrot mit roter Pistou auftunken
Unter farbigem, sonnengebleichtem Tuch bieten sie hier und dort ihre Waren feil: die Bauern und die Winzer, die Schäfer und die Imker, die Käsereien, die Ölproduzenten, die Kastanien-, Trüffel-, Pilz- und Kräutersammler, die Mode-, Schmuck- und Blumenhändler. Und überall und dazwischen das silbrig-wässrige Camouflage der Platanen, die, teils schon ihrer Triebe beraubt, ihre knorpeligen Arme in den tiefblauen Himmel recken – hin und wieder zieht dort oben ein fluffiger Wattebausch vorbei-, die komplette Szenerie eingefasst in die taubenblauen, pastellgrünen und lavendelfarbenen Fensterläden der Provence. Hier wird geplaudert, gekostet und sorgfältig ausgewählt, in Gedanken die Suppe mit Pistou schon zum Mittag mit altem Weißbrot aufgetunkt.
Alentejoblau lässt sich nicht in Zahlen ausdrücken
Ich lasse die unendlichen Farbschattierungen auf mich wirken und gerate spätestens als ich zwei braun-violett glänzende Auberginen kaufe in einen wahren Rausch, indem sich Farben und Zahlen vermischen: die eins erscheint mir von nun an in elegantem Architektenschwarz, die zwei in zimtschimmerndem Blattgold, die drei in transparentem Methylenblau, die vier in sonnenverwöhntem Gelb, die fünf in Fenchel-, die sechs in funkelndem Waldgrün, die sieben in violettem Pink, die acht in kratzigem Tintenblau, die neun in witzigem Orange und am Ende sehe ich die zehn auch noch als geschwungenen Silberschweif. Auch der Buchstabe M leuchtet in pinkem Violett, meine Lieblingsfarben blauer Lavendel oder “altes” Alentejoblau lassen sich dagegen keinesfalls in Zahlen ausdrücken.
Goldener Müßiggang
An einem in Gold eingefassten runden Bistrotischchen in Nyons genießen wir schließlich einen aufgeschäumten Cafe Creme, in der Nähe überschlagen sich die Töne eines Akkordeons, Müßiggang und Nichtstun kann so verdammt schön sein. Hier schöpfen wir Atem für alles was noch kommt…