Ein Sonntag im Oktober

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Ein Sonntag im Oktober

// von Melanie Schulz | 31.10.2024

Entspannte Streifzüge durch die Natur, ein altehrwürdiges Zisterzienserkloster passieren, eine Sonne, die noch einmal alles gibt und zum Strahlen bringt, nur um kurze Zeit später auch schon wieder abtrünnig zu werden, dazu Worte und Wein, schöner kann ein Sonntag kaum sein… doch: mit Element of Crime.

An diesem Sonntag ging es nach einer langen Wanderung ins Kino Traumstern in den Konzert- und Dokumentarfilm „Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin“ über die Berliner Band Element of Crime (hier der unglaublich schöne Soundtrack zum Film: Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin).

Charly Hübner hat Ja gesagt

Die Idee für diesen Film hatten die Musiker selbst, die den Regisseur Charly Hübner einluden, sie eine Woche lang auf einer Clubtour durch Berlin zu begleiten: in den Privatclub, ins Lido, ins SO36, in den  Admiralspalast und die Zitadelle Spandau. Fan Hübner sagte sofort zu und ließ die Mitschnitte von fünf Konzerten zu einer Melange aus wunderschönen Chansons und Balladen, Konzert- und Archivbildern, S-Bahnfahrten durch Berlin sowie kurzen Interviewsequenzen, aufgezeichnet Backstage, in einem Cafe und draußen auf einer Parkbank, verschmelzen.

Vom “No Jazz” zu wunderschönen Songs

Von Sänger, Trompeter und Liedschreiber Sven Regener, Gitarrist Jakob Ilja und Drummer Richard Pappik erfahren wir über die Band, dass diese ursprünglich nichts mit Berlin und der Neuen Deutschen Welle zu tun haben wollte, sich dafür aber von “No Jazz” und “No Funk” inspirieren ließ, dass sie sich nach einem Thriller von Lars von Trier benannt hat, dass ihr erster Schlagzeuger Uwe Bauer von den Fehlfarben war und dass ihre zweite Platte von John Cale in London produziert wurde.

Flunkereien

Schlagzeuger Richard Pappik verrät, dass er von einem Freund erfahren hatte, dass Element of Crime auf der Suche nach einem neuen Schlagzeuger waren und er hierfür im Gespräch war. Als Sven Regener endlich anrief und ihn fragte, ob er Element of Crime kenne und Lust habe Bandmitglied zu werden, habe er zwar die erste Frage verneint 😉 aber sofort begeistert zugesagt. Und im Übrigen wäre er ohne Musik eine kranke Type geworden.

Deutschsprachig geht viel besser

Wir erfahren auch, dass zur Anfangszeit, in den 80ern, alle in Kreuzberg 36 wohnen wollten, also in dem Teil, der von drei Seiten von der Mauer umgeben und entsprechend grau war, in dem aber die buntesten Menschen lebten. Und dass Element of Crime nicht mehr nur schräges Zeug sondern richtige Lieder machen und diese sogar auf Deutsch singen wollten, was für Sven Regener weniger etwas vaterländisches, eher etwas Muttersprachliches hat.

Nur noch Musik hören

Auch andere Bands wie Maike Rosa Vogel, Isolation Berlin oder Steiner & Madlaina kommen zu Wort. Letztere erzählen etwa, dass es unmöglich sei, Element of Crime nebenbei zu hören. Auf einer Party hätten sie  einmal eine Platte der Band aufgelegt und alle hätten geschwiegen, um ganz und gar den Songs zu lauschen. 

Schunkelnde Poesie und Melancholie

Und dann verliere auch ich mich in einem Taumel der Melancholie. Kein Wunder, es folgt Ohrwurm auf Ohrwurm, die Lieder werden immer länger ausgespielt, ich werde von einer schnodderigen Poesie, die Rätsel aufgibt, umspült, alles einfach sooo schön. Raue Folkballaden à la Bob Dylan wechseln sich ab mit Chanson-Stücken, die an Hildegard Knef erinnern, und schunkelnden Seemannsliedern, dazu ein wehmütiges Akkordeon, eine stimmungsvolle Mundharmonika oder der Sound einer mal klaren, mal schmetternden Trompete. Und: die raue Stimme Sven Regeners, die das Leben in Berlin, die Liebe und den Weltschmerz auf ihre ganz eigene Weise besingt.

Vier Stunden vor Elbe 1

Als Richard Pappik schließlich die fernweh-seufzende Mundharmonika zu Vier Stunden vor Elbe 1 anstimmt, schwimme ich komplett in dieser wunderschönen Musik. Und schon bin ich wieder mitten im Atlantik, auf dem nun wirklich niemand gern allein ist…

Scheiß doch auf die Seemannsromantik

Ein Tritt dem Trottel, der das erfunden hat

Niemand ist gern allein mitten im Atlantik

Diesmal, mein Herz, diesmal fährst du mit

Element of Crime, Vier Stunden vor Elbe 1

Und hier nun die Bilder von unserer Oktoberwanderung:

Melanie Schulz

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