Sommertage im französischen Süden

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Sommertage im französischen Süden

// von Melanie Schulz | 04.06.2024

35 Jahre nach dem Erzähler Peter Kurzeck, Freundin Sybille und Tochter Carina reisen wir in das südfranzösische Barjac.

In diesem Jahr fällt die Entscheidung für den heißen Süden. Seit Wochen höre ich die Geschichte von Peter, Sybille und Carina. Und von den Freunden Jürgen und Pascal, die ein Restaurant im französischen Midi eröffnet haben. Erzählt von Peter Kurzeck, einem Schriftsteller aus dem hessischen Staufenberg. Ein konkretes Sommerziel haben wir noch nicht, warum also nicht genau dorthin, nach Barjac fahren? Wo das liegt? In der französischen Provinz Gard, nur unweit von dem kleinen Flüsschen Cèze entfernt. Einen Campingplatz hat Barjac nicht, dafür gibt es einen kleinen Platz im Nachbardorf Saint-Privat-de-Champclos.

Wir haben es fast geschafft, die Zikaden säbeln…

Zwei Tage später fahren wir nach Südwesten. Erst nach Freiburg, dann nach Mülhausen, Belfort, Besançon bis an den Doubs. Hier schlagen wir direkt am smaragdgrünen Ufer unser Zelt auf. Nur wenig weiter eine große Campingtafel, an der gemeinsam gekocht und geschlemmt wird. Wir schützen uns vor den Mücken und gehen früh schlafen. Im Dunkeln bauen wir das Zelt auch schon wieder ab und halten an der ersten Morgenbäckerei. Zwei Café Crème, zwei Schokocroissants und ein Baguette, dann nach Lyon und auf der N7 immer weiter gen Süden. Ab Valence Stau. Wir kurbeln die Fenster runter und haben es fast geschafft: von allen Seiten säbeln die Zikaden. Bei Bagnols-sur-Cèze biegen wir nochmal nach Westen ab. Durch eine sanfte Hügellandschaft mit Garrigue, Wein, Lavendelfeldern und Obst fahren wir bis zum Weiler Saint-Privat und hier auf den kleinen Naturcampingplatz Mas de Linde mit schönem Bauernhaus.

… kleine Fische knabbern an den Füßen

In unserem von Steineichen und einem Mäuerchen eingefassten Platz haben wir das Zelt schnell aufgebaut. Noch rasch Jetons für die Dusche und Eis in Flaschen an der Rezeption gekauft. Dazu  Croissants und Baguette für den kommenden Tag bestellt. Und dann erstmal an die Cèze. Mit dem Auto die Straße überqueren und auf einer Staubpiste steil bergab ins Garriguetal. Hier dunkelgrün, zuweilen auch hellgrün schimmernd, der Fluss in einem weißen Kiesbett inmitten eines verflochten-mediterranen Waldes. Durch den weißen Kies schlagen allseits wilde Birken und Weiden durch. Eine Strömung, die es ermöglicht, auf der Stelle zu schwimmen, außerdem knabbern kleine Fische an den Füßen. Außer uns niemand hier. Wir schließen die Badestelle sofort ins Herz.

Blaue Fensterläden und ein wunderschöner Salon de Thé

Und dann endlich nach Barjac. Auf dem Weg dorthin vorbei an weiteren Lavendelfeldern, Zypressen, Obstständen und Wein, dazu immer wieder Fernblicke auf die Cevennen. In Barjac Platanen, Steinhäuser, große blaue Fensterläden, ein Kirchturm und in direkter Nachbarschaft ein wunderschöner  Salon de Thé (hat mittleierweile leider geschlossen). Hier gluckst das Wasser eines kleinen Brunnens, zwei Katzen schleichen durchs Gestühl. Drinnen können Baiser und anderes Gebäck, Kompotts, allerlei Marmeladen und eine kleine Auflage sehr hübscher Postkarten erworben werden. Das fließende Wasser und die Sonnensegel sorgen für eine wundervoll entspannte Atmosphäre, ein Ort, an dem wir von nun an jeden Tag einige Zeit verbringen werden. Nach dem Aufbruch noch bei einer Näherin vorbei, hier einen langen selbstgemachten Blumenrock erworben.

Ein Silberregen

Am nächsten Tag ein kurzer Regen. Vielleicht ein Regen, ähnlich dem, den Peter Kurzeck auf so wunderbare Weise erinnert:

Auf einmal ein Regen. Erst nur einzeln ein paar einzelne erste Tropfen. Zögernd, als könnte es auch ein Irrtum. Dann mehr und mehr, aber immer noch sanft. Ein zärtlicher kleiner Juniregen. Nach Gras und nach Erde, nach nasser Erde riecht es, nach Hitze und Sommeranfang. Nach Steinmauern und nach tagelang vorgewärmten, in der Hitze gebackenem und jetzt wie mit einer großen grünen Gießkanne frisch angefeuchtetem Sommerstaub. Sacht und silberhell, so ein Regen ist das, ein Silberregen. Er singt! Und lässt auch schon wieder nach. Schon immer heller. Vorher war es diesig und hat sich jetzt ausgeregnet. Die Sonne scheint. Alles funkelt und blitzt.

Peter Kurzeck: „Der vorige Sommer und der Sommer davor“, Seite 110

Diese eindrückliche Sommerreise ist nun schon einige Jahre her und fand statt, bevor das obige Buch, der 7. Band der Chronik “Das vorige Jahrhundert”, posthum erschienen ist. Und: wir sind wiedergekommen. Ob es uns auch dieses Jahr wieder in den französichen Süden verschlägt? Im Moment – ob des mich allseits umgegenden wetterlaunigen Graugrüns – eine wunderschöne Vorstellung…

Barjac und das Gard

Melanie Schulz

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