Lost in Translation…

holz 01 Photography Dreams | nature photographs - Holz - Heimat Film

Lost in Translation…

// von Melanie Schulz | 14.03.2024

…oder wie ich vom Hölzchen aufs Stöckchen kam.

Wer hat sie alle zur Kenntnis genommen, die Baummalereien in meinem letzten Blogpost? Eine Sonne, die über einer Fichte aufgeht, zwei Sterne, die dem Wanderer den Weg weisen und ein Weihnachtsmann, der möglicherweise hier in den heimischen Wäldern wohnt. Vielleicht handelt es sich aber auch um einen Weihnachtsbaum mit Christbaumspitze, um die Sterne von Betlehem und um einen Harlekin mit Bommelmütze? Sicherlich werden sie nicht von Ewigkeit sein, vielleicht sogar schon vom nächsten Regenguss abgewaschen werden.

Älteste erhaltene Malereien sind 65.000 Jahre alt

Geschützte Höhlenmalereien in Spanien haben hingegen laut dem Spiegel 65.000 Jahre überlebt. Neandertaler sollen sie angefertigt haben. Sie zeigen rote Linien, Punkte und Teile von Tieren. Bei dieser alten Kunst handelt es sich allerdings eher um Chiffren als um eine echte figurative Darstellung. So oder so, beides, also Symbol und Bild, bedürfen einer Interpretation durch die Betrachterin oder den Betrachter.

Schwer interpretierbar

Auch Zeichen, Codes oder Symbole, die nicht wirklich zu uns sprechen, begegnen uns im Alltag  öfter, als wir es vielleicht meinen.

l'estaque 09 Photography Dreams | nature photographs - L'Estaque - Marseille

Diese kryptischen Zahlen habe ich etwa in Marseille beziehungsweise in L’Estaque fotografiert, ähnliche Schriftzeichen sind vielerorts auf den Straßen Marseilles zu finden. So haben sie es sogar bis in die Bildagentur Photocase hinein geschafft, wie dieses Bild und jenes Bild beweisen. Aber was ein Glück! Google und KI wissen noch nicht alles. So konnte ich weder auf Deutsch, noch in englischer Sprache oder auf Französisch dem Internet Informationen über die bunten Fahrbahnmarkierungen entlocken. Sie werden also ein Rätsel für mich bleiben, sehr schön!

Marseille, die Stadt des Marius

Apropos L’Estaque. Im Marseiller Hafenviertel L‘Estaque spielt auch der wundervolle französische Film Marius und Jeanette – Eine Liebe in Marseille von Robert Guédiguian, der Name Marius soll übrigens ebenso wie Michelle aus der Millionenstadt am Mittelmeer stammen. Dieser und vier weitere Filme von Robert Guédiguian sind derzeit in der Arte Mediathek frei verfügbar. Ich kann sie sehr empfehlen. Ähnlich wie der japanische Regisseur Yasurjirō Ouzu, der die meisten Filme mit der Schauspielerin Setsuko Hara und dem Schauspieler Chishū Ryū gedreht hat, arbeitet Guédiguian mit seiner Frau Ariane Ascaride und einer festen Schauspielgruppe zusammen. Aber worum geht es in Marius und Jeanette? Es geht um Arbeitslosigkeit und soziale Ungerechtigkeit, um eine Liebesgeschichte, südländische Leichtigkeit und die Kraft der Sonne des Midi sowie um eine rettende Gemeinschaft.

Ich bin abgeschweift, der Anlass dazu war aber auch zu schön. Deshalb gibt es an dieser Stelle noch einige L’Estaque-Bilder. Ich habe sie an einem trüben Wintertag aufgenommen:

Fasziniert vom Fischerort L’Estaque war im Übrigen nicht nur der französische Filmemacher Robert Guédiguian sondern auch der Maler Cezanne, der hier über 20 Jahre lang seine Inspiration fand. In seine Lieblingsmotive, oft mit Blick aufs Meer, schlichen sich nach und nach prismatische Formen ein, mit denen er die Natur auf ihre Grundformen reduzierte und mit verschiedenen Perspektiven spielte. Kein Wunder dass Picasso ihn später als “Vater von uns allen und (seinen) einzigen und einzigartigen Meister” bezeichnete.

Bien!

Bien! Nun aber wieder zurück zu den Ziffern und Schriftzeichen. Ähnliche Symbole finde ich nämlich auch in den Wäldern der Heimat, hier als Baummarkierungen. Ein mit Bien markierter Holzstapel kann beispielsweise gutes Holz kennzeichnen. Warum dies allerdings auf Französisch geschehen soll, das ist nicht wirklich einzusehen. Es kann sich genauso um Holz aus Privatbesitz, etwa beispielsweise um das Holz von Birgit Engelhardt handeln. Forst US kann das Holz von Ulli Schmidt kenntlich machen, es kann sich aber auch um Holz handeln, dass in die USA exportiert werden soll. Schließlich haben die Probleme mit dem Borkenkäfer in den USA und Kanada sogar zu einer Holzknappheit und erhöhten Bauholzpreisen in Deutschland geführt.

Forstwirtschaft 2.0

2.0 – hört sich schon ziemlich ausgelutscht an – und 1.9 könnte die Höhe des Holzstapels beschreiben, P88 bedeutet möglicherweise Parzelle 88 oder Palettenholz 88, ein Los in der Holzproduktion könnte ein bestimmtes Fertigungslos meinen, das eine gewisse Menge von zusammenhängend geschlagenen Holzmengen beschreibt. 84 Stk meint wohl 84 Stück, die Punkte auf dem Holz sind Zählpunkte. Ebenfalls mit Zahlen angegeben werden häufig der Stammdurchmesser und die Stammlänge. All dies lässt sich im Internet recherchieren. Ein Anruf beim heimischen Förster ergab jedoch, dass er dies alles nicht mit Sicherheit sagen könne, ohne den konkreten Holzstapel im Wald auch vor sich zu haben. Es müssen also ziemlich viele Forst- oder Baumdialekte kursieren. Etwas schlauer als zuvor bin ich zumindest und weiß, welche Bewandtnis es mit den Kürzeln so grundsätzlich auf sich hat.

Viel Holz, viel Erlös

Trotz allem bin ich jetzt erst richtig neugierig geworden. Ich frage mich, wie wertvoll ist das Holz in unseren Wäldern überhaupt? Auch hierzu finde ich einen beeindruckenden Beitrag  auf der Seite von Hessen Forst. Demnach konnte ein einzelner Eichenstamm aus dem Forstamt Kirchhain bei einer Submission einen Erlös von knapp 17.000 Euro erzielen. Der Festmeterpreis des Edelstamms lag bei 3.300 Euro. Das teuerste hessische Nadelholz hingegen stammte 2024 aus Fulda und erzielte einen Festmeterpreis von gut 1.000 Euro.

Bauen mit Holz leistet einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz

Insgesamt erntet Hessen Forst im hessischen Staatswald rund 1,7 Millionen Tonnen Kubikmeter Holz pro Jahr. Ein Großteil davon wird in der Region weiterverarbeitet. Verwendet wird es im Wohnungsbau, für Papiere, für Vollholz- oder Furniermöbel bis hin zu Vanillin, Brennholz oder auch zur Herstellung von Viskosekleidung. Da Holz während seines Wachstums CO2 bindet, wird die gespeicherte Kohlendioxidmenge dem CO2-Kreislauf erstmal entzogen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn langlebige Holzprodukte erzeugt werden. Deshalb leistet das Bauen mit Holz einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Allerdings nur dann, wenn das Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft stammt, das heißt, es sollte immer genauso viel Holz nachwachsen, wie auch geerntet wird.

Vanillin aus heimischen Wäldern?

Bis hierhin alles klar. Aber ist es tatsächlich möglich, aus heimischem Holz Vanillin zu erzeugen? Auch hier führen meine Nachforschungen zu spannenden Einsichten. So stammt die Vanille aus den Kapseln einer tropischen Orchidee. Aus den rund 2.000 Tonnen Kapselfrüchten weltweit pro Jahr werden rund 40 Tonnen Vanille erzeugt. Über 99,7 Prozent des in Verkehr gebrachten Vanillins sind hingegen nicht natürlichen Ursprungs. Wie ich erfahre, wird Vanillin bislang hauptsächlich aus Erdöl gewonnen. Das finde ich nicht besonders appetitlich, schon möglich, dass ich zukünftig verzichten werde. Glücklicherweise haben aber vor wenigen Jahren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz ein umweltschonendes Verfahren entwickelt, mit dessen Hilfe sie Vanillin aus dem Holzbestandteil Lignin, das in großen Mengen bei der Papierproduktion anfällt,  herstellen können.

Stopp!

Alle weiteren Recherchen stelle ich augenblicklich ein, um nicht noch bei den Sklavenhalterameisen Amazoniens, bei der vor allem im Süden und Westen Europas beheimateten Geburtshelferkröte, irgendeinem anderen Brimborium oder gar in fragwürdigen Kanälen zu landen.

Melanie Schulz

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