Eisschollen im Schnee

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Eisschollen im Schnee

// von Melanie Schulz l 30.01.2024

Die kalte Jahreszeit. Auf einer Wanderung durch das Salzbödetal.

„Die kleinsten Dinge warfen Schatten. Ein Eisklümpchen, eine Kufenspur, der Abdruck eines Winterhufs, ein abgebrochener Zweig – alles hatte seinen schwarzen Doppelgänger.“

Andrzej Stasiuk: Die Welt hinter Dukla, Seite 166.

So auch diese Schnee- und Eisschollen, ja sogar die Muster der Schuhabdrücke im Schnee. Sie fallen mir auf einem Spaziergang durch ein Wintertal bedeckt von weißem Pulver auf – es ist das Tal der Salzböde. Hin und wieder glitzern kleine Eisplättchen, doch das milchige Licht schluckt den meisten Glanz und hüllt alles Entfernte in weiche, nasse Unschärfe.

Imaginäre Reise gen Osten

Wie auf fast allen Herbst- und Winterspaziergängen rechne ich nach, wie viele Tage es noch sind, bis der Vorfrühling, ja der Frühling beginnt oder wie lange es noch dauern wird, bis die Tage wieder länger werden, als sie es gerade sind. Und dann ärgere ich mich darüber, dass ich mir wünsche, dass die Zeit vergeht. Und ich denke an Andrzej Stasiuk und stelle mir vor, wie der Schriftsteller allein mit einem Schlafsack im Kofferraum durch den polnischen Winter reist, in dem es um halb vier dunkel wird. Durch Kujawien und Masowien immer gen Osten bis an den Bug. Oder durch die südliche Peripherie, durch wildes, menschenleeres Lemkenland. Ich sehe das fahrende Auto, die Scheinwerfer, das Leuchten der Schneeflocken und einen sternenklaren Nachthimmel, der von dort bis hier und weiter auch das Salzbödetal überspannt. Eine Fahrt ohne Ziel durch weiße Felder und Wälder wird zu einem melancholischen Traum durch Raum und Zeit und ich mittendrin im fernen Abenteuer und alles soll genau so sein.

Melanie Schulz

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